Tag 6 - 20.09.2023
Guten Morgen Island! Nach einer ordentlichen Mütze Schlaf mit Schnarchbeilage stand Tag 6 unserer Reise an. Moment mal, Tag 6 schon??? Ja, tatsächlich! Auf Island rannte die Zeit mit den vielen Eindrücken irgendwie noch viel schneller als im hektischen Deutschland davon.
Aber sei's drum, genug der trüben Gedanken! Es stand für uns ein ereignisreicher Tag an.
Unser Hauptziel des Tages war die Besichtigung der Katla-Eishöhle bei Vik. Am Rande des Mýrdalsjökull-Gletschers, nahe des namensgebenden Vulkans Katla, liegt dort eine gewaltige Höhle, die eher einem Tunnel ähnelt. Aber dazu später mehr.
Entspannt machten wir uns bei weiterhin stürmischen Wetter auf den Weg nach Vik.
Nach letzten Erledigungen im Einkaufszentrum von Vik ging unsere Tour um 10:30 Uhr los. Richtige Islandbären als Guides warteten bereits mit ihrem Offroad-Truck auf uns, um mit uns noch sieben weitere Personen aus aller Welt einzusammeln. Wir hatten vielleicht falsche Erwartungen, aber wir stellten uns das als eher einsame Tour vor. Zeitgleich mit uns fuhren aber noch drei weitere Trucks ab. Von dieser Vorstellung konnten wir uns also schnell verabschieden.
Die Tour hatte Claudia für uns bei dem Anbieter Troll Expeditions gebucht. Islandtypisch war auch das eine sehr teure Angelegenheit. Knappe 200 Euro pro Person mussten wir für eine etwa dreistündige Tour bezahlen. Wie ihr allerdings gleich an den Fotos sehen werdet, hat sich jeder Euro für dieses beeindruckende Erlebnis gelohnt.
Unser Guide startete das Gefährt und mit einem lauten Dröhnen setzte sich der alte Diesel-Motor in Gang. Während ich verträumt die Landschaft genoss, blies mir der Fahrtwind ein eigenartiges Gemisch aus Parfüm und Dieselabgas ins Gesicht. Kopfschmerzen setzten ein. Kopfschmerzen bekam wohl auch Marie, die beim Rattern des verbrauchsstarken Dieselmotors den Gletscher noch schneller schmelzen sah und ihr schlechtes Gewissen beichtete, an dieser Tour überhaupt teilzunehmen. Als wir uns dem Gletscher näherten, verflogen die negativen Gedanken aber so schnell wie die Diesel-Abgase.
Angekommen und aus dem Bus ausgestiegen, erhielten wir zunächst Helme und eine Einweisung durch unseren Guide. Nach einem kurzen Fußmarsch wurden dann kurz vor dem Gletscher auch noch die Spikes an uns verteilt, die uns ein sicheres Gehen auf dem Gletscher ermöglichen sollten. Nun konnte es endlich losgehen!
Ich hatte es eingangs erwähnt: Die Katla-Höhle ist mittlerweile mehr ein Tunnel als eine Höhle. Eishöhlen verändern laufend ihre Gestalt. Entstanden durch Schmelzwasser und Bewegungen des Gletschers schmelzen sie im Laufe der Zeit immer weiter ab, bis sie in sich zusammenstürzen. Während ich das hier schreibe, wurde mittlerweile schon eine neue Höhle für Besucher geöffnet, die dort besichtigt werden kann. Der Lauf der Zeit macht auch vor Eishöhlen nicht halt.
Das beeindruckende am Mýrdalsjökull-Gletschers, in dem die Katla-Eishöhle liegt, ist zweifelsohne das Zusammenspiel vom farbigen Eis und der dunklen Asche. Die Asche stammt größtenteils vom europaweit bekannten Ausbruch des benachbarten Eyjafjallajökull aus dem Jahre 2010. Sie ist mittlerweile teilweise tief in das Eis eingearbeitet.
Apropos Asche. Wie ich oben erwähnte, ist die Eishöhle nach dem unmittelbar in der Nähe befindlichen Katla-Vulkan benannt. Dieser Vulkan ist der größte und gefährlichste Vulkan Islands. Als er 1918 zuletzt ausbrach, ergoß sich binnen zwei Stunden ein 14 Kilometer breiter Strom aus Gletscherwasser ins Meer. Der Gletscherfluss erreichte dabei die Hundertfache Stärke des Rheins in dessen größter Ausdehnung. Durchschnittlich bricht der Katla etwa alle 60 Jahre aus. Er ist also bereits lange überfällig... Glück für uns, dass er nicht an jenem Tage ausgebrochen ist, so konnte ich fleißig fotografieren, anstatt zu rennen.
Wer wissen will, wie diese Höhle noch vor drei Jahren ausgesehen hat, kann sich gern mal die Bilder des verlinkten Blogbeitrages anschauen: http://fernwehmotive.de/katla-eishoehle-island/
Am Ende der Tour ging es zurück zu unserem Truck und erreichten nach kurzer Fahrt wieder die Ortschaft Vik.
Nach einem ausgiebigen und leckeren Essen im Wok on Vik sind wir ein gutes Stück Richtung Westen gefahren und machten Halt am weltberühmten Reynisfjara-Strand nahe Vik. Wir waren halt gerade da und wollten uns diesen Strand mal ansehen, nachdem wir in unserer Reise nun schon etliche Male vorbeigefahren sind. Die fotografischen Bedingungen waren allerdings maximal bescheiden. Hartes Sonnenlicht und ein sehr voller Strand zur besten Mittagszeit. Es hat sich aber trotzdem gelohnt. Die Sonne wärmte auf dem schwarzen Sand sehr schnell und die Brandung war an jenem Tag sehr sanft. Da konnte man einfach mal die Seele baumeln lassen.
Ein paar schöne Fotos sind dann schlussendlich auch noch bei rumgekommen, auch wenn ich die klassischen Motive des Reynisfjara an diesem Tag nicht umsetzen konnte.
Der Reynisfjara war abgehakt und nun standen mit dem Skógafoss und dem Kvernufoss mal wieder zwei Wasserfälle auf unserer Liste.
Der Skógafoss ist der wohl bekannteste Wasserfall Islands. Wir entschlossen uns, zunächst einmal zu schauen, wie voll der Parkplatz ist. Was soll ich euch sagen? Wir sind gleich wieder abgedreht und zum wesentlich unbekannteren Kvernufoss gefahren.
Der Kvernufoss ist über eine kurze zehnminütige Wanderung zu erreichen und liegt etwas versteckt in einem kleinen grünen Tal. Gegenüber dem Skógafoss ist das Besucheraufkommen hier deutlich kleiner. Wir teilten uns Tal und Wasserfall nur mit etwa 15 anderen Menschen. So blieb für jeden von uns genug Zeit und Raum, uns dem Wasserfall fotografisch zu widmen.
Oben am Wasserfall zeigte außerdem ein Schaf, wie man richtig mit Höhenangst umgeht. Einfach immer das Gesicht von der Tiefe wegdrehen und schon kann man auch an der Kante stehen.
Nach unserer schönen Wanderung zum Kvernufoss machten wir uns auf den Rückweg zum Auto. Ganz ohne Foto vom Skógafoss wollten wir aber nicht nach Hause und versuchten, uns von etwas anderer Position zu nähern. Wir fuhren auf die Ringstraße auf und bei der nächsten Ausfahrt gleich wieder ab und hielten vor einer Privateinfahrt. Dort hatte man eine schöne freie Blickachse zum mächtigen Skógafoss und die Schlange der hinaufgehenden Menschen.
Nach dem kurzen Zwischenhalt am Skógafoss ging es nun für uns aber wieder in den Osten der Insel. Zu unserer Unterkunft wollten wir aber noch nicht, sondern probierten unser Glück an unserem Hausberg. Vielleicht würde es ja einen schönen Sonnenuntergang geben?
Was definiert man eigentlich als schönen Sonnenuntergang? Wir Fotografen würden darauf wohl fast immer wie folgt antworten: Sonne und rote Wolken. Wenn man das als Maßstab nimmt, blieb der perfekte Sonnenuntergang an jenem Abend aus. Es blieb in Richtung der Sonne weitgehend wolkenlos und es stellte sich somit auch keine Rotfärbung des Himmels ein.
Je mehr der Sonnenuntergang jedoch voranschritt, desto intensiver wurden die Gletscherberge von der Sonne angeleuchtet. Sie zeigten sich nun in kräftigen Farben. Zum Glück hatte ich mein Teleobjektiv eingepackt und konnte so mit 500mm möglichst nahe an die Berge herankommen. Allerdings blieb der Sturm an dieser Stelle eine Herausforderung. Man konnte kaum ruhig stehen, geschweige denn das große Objektiv ruhig halten. Aber ein paar schöne Bilder sind dennoch entstanden.
Mit den Bildern vom Sonnenuntergang im Gepäck, fuhren wir nun zu unserer Unterkunft. Zu diesem Zeitpunkt wussten wir noch nicht, dass unser Tageshighlight noch bevor stand...
Die Sonne war inzwischen längst untergegangen und das Essen köchelte vor sich hin, als wir beschlossen, die Polarlichter-Vorhersage zu checken. Es war heute endlich mal klar! Beim Betrachten der Vorhersage kehrte jedoch schnell Ernüchterung ein. Der Kp-Index lag bei Stufe 2-3 von 9. Missmutig fragten wir uns, warum es nicht einfach Montag hätte klar und heute bedeckt sein können. Montag waren die Werte derart hoch, dass sogar in Deutschland gute Sichtungen möglich waren. Aber gut, ändern konnten wir es eh nicht.
Merklich enttäuscht widmeten wir uns wieder unseren abendlichen Tätigkeiten, aßen üppig und waren bereit, den Abend entspannt ausklingen zu lassen.
Als wir gedanklich längst mit den Polarlichtern am heutigen Tage abgeschlossen hatten, machte Flo uns beim Blick aus dem Fenster auf einen hellen Schein gen Ost-Himmel aufmerksam. Rasend schnell schnappten wir uns unsere Kameraausrüstung und gingen auf die Wiese vor unserer Unterkunft. Und beim Blick auf die Kamera war klar: Unsere ersten Polarlichter!
Es ist schwer zu beschreiben, was wir in diesem Moment empfunden haben.
Von Sprachlosigkeit über grenzenlose Euphorie bis hin zu Erstaunen ob der Schönheit der Natur war an jenem Abend alles dabei.
Nach dem sich die erste kollektiv eskalierende Euphorie gelegt hatte, überlegten wir, was wir nun als nächstes machen wollen. Ins Auto setzen und zum Hausberg fahren oder hier bleiben. Wir entschieden uns zunächst einmal für's Hier bleiben und gingen zum nahegelegenen Hausbach.
Das hat sich ausgezahlt. Die Polarlichter intensivierten sich nun entgegen der Prognose zusehends und unser Hausbach erwies sich als guter Vordergrund.
Nach etwa einstündiger Fotografie im eiskalten isländischen Wind, beschlossen Claudia, Flo und ich doch noch zum Hausberg zu fahren. Diese Entscheidung sollte sich als richtig erweisen.
Die Polarlichter intensivierten sich immer weiter und begannen nun regelrecht über uns und den Hausberg zu tanzen. Ein unbeschreibliches Schauspiel!
Nicht immer habe ich fotografiert, manchmal auch einfach nur sprachlos genossen. Noch intensiver wurde das Erlebnis durch den Sturm. Mittlerweile wieder zu Orkanstärke gereift, war es schwer, still zu halten. Dazu blies der Sturm unaufhörlich Sand durch die Lüfte. Eine Grenzerfahrung für Technik und Mensch.
Mit epischer Musik im Auto und tollen Bildern im Gepäck traten wir den Rückweg an. Das war ein unvergesslicher Abend.
Und wieder einmal bleibt die Erkenntnis: Traue nie der Prognose, sondern immer deinen eigenen Augen.
Bis bald!
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