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AutorenbildChristian Noah

Fünf Freunde auf der Insel aus Feuer und Eis

Tag 3 - 17.09.2023


Guten Morgen Island! Der gestrige Tag war anstrengend, sehr sogar. Wir sind erst spät in unserer Unterkunft, dem Dalshöfdi Guesthouse, angekommen. Im Bett lagen wir noch später. Da könnte man annehmen, dass Ausschlafen eine gute Idee wäre?! Nein, nicht mit uns! Noch vor Sonnenaufgang raschelte die Decke im Nachbarbett lautstark. Der erste von uns stand auf und als Fotograf ist man einfach programmiert: Sobald man feststellt, dass einer aufsteht, steht man selbstverständlich ebenso auf. Die Kettenreaktion war ausgelöst. Man könnte ja schließlich was verpassen. Das schlimmste Gefühl für Fotografen.

Unser "kleiner" Hausbach nahe der Unterkunft ausgangs der blauen Stunde

Eine halbe Stunde vor Sonnenaufgang standen wir also an unserem kleinen Hausbach und haben fleißig geknipst. Genug Motive gibt es am Dalshöfdi Guesthouse. Mir haben es besonders die bemoosten Lavafelder angetan. Sowohl klassische Landschafts- als auch experimentelle Detailfotografie gehen hier problemlos. Auch aus der Luft sieht die Landschaft mehr als interessant aus. Ein Spielfeld für Fotografen.


An jenem Morgen hatten wir sogar noch das nötige Glück mit dem Licht. Die Sonne kam kurz nach dem Sonnenaufgang hervor und tauchte die Landschaft in goldenes Licht. Eine ganz besondere Stimmung über den Lavafeldern. Das Licht änderte sich minütlich und mit dem Licht auch die Färbung der Moose auf der alten Lava.

Hektisch wechselte ich zwischen Drohne und Kamera, um nichts von der schönen Stimmung zu verpassen und möglichst viele Motivideen umzusetzen.

Als das Licht schlechter wurde und meine Freunde schon mit hungrigem Magen zum Frühstück von dannen zogen, habe ich mich noch in den Detailstrukturen der Lavafelder verloren, sodass ich mal wieder Bummelletzter war. Die Kontraste zwischen den Moosen und dem dunklen Lavagestein sowie dem bläulich-milchigen Gletscherwasser waren aber einfach zu faszinierend, um daran vorbeizugehen.

Zurück in der Unterkunft kämpfte unsere Brötchen-Beauftragte Marie bereits erfolglos mit Backofen und Brötchen, um perfekte Goldstücke zu servieren. Unsere Guidin Claudia ging das Tagesprogramm durch und fragte uns ebenso erfolglos nach unserer Meinung dazu. Aber wir vertrauten Claudia, schließlich hat sie die Reise in einer Perfektion vorbereitet, die ihresgleichen sucht.

Nach einem mehr oder weniger üppigen Frühstück ging es schon bald ins Auto Richtung Westen. Endlich waren keine Koffer mehr im Auto. Nur noch unsere Fotoausrüstung kam ins Auto und das war schon genug. Aber hey, wir konnten unseren siebten Sitz wieder nutzen. Umgehend platzierten wir darauf unseren Jüngsten, welcher bei gefühlt jedem Aussteigen an dem Tag vergessen wurde, herauszuholen. Aber das war nicht böse gemeint, schließlich lässt ja im Alter die Gedächtnisleistung langsam nach. Da kann das schonmal passieren.


Genug der Versuche, lustig zu sein. Der Ernst der Lage rief. Wir steuerten unser erstes Ziel an, den Foss á Síðu. Er lag nur wenige Kilometer von unserer Unterkunft entfernt unmittelbar an der Ringstraße und war ein einfaches Ziel. Parken, drei Schritte laufen und abdrücken. Sollte einfach sein und dann das.

Kommt definitiv in die Outtakes

Fragt mich nicht, was mich geritten hat, einen so weit entfernten Wasserfall mit 14mm Weitwinkel zu fotografieren, um dann auch noch meinen Filter nicht richtig draufzuschrauben.

Wahrscheinlich war ich gedanklich noch damit beschäftigt, ob ich eine Scheibe Salami oder Käse auf mein Pausenbrot packe.




Weiter ging die Reise Richtung Westen. Der nächste Zwischenstopp war ein Ort mit dem lieblichen Namen Kirkjubæjarklaustur, an dessen Ortsausgang mit dem Stjórnarfoss ein schöner Wasserfall lag. Trotz Nähe zur Ringstraße war dort überraschend wenig Trubel. So konnte man sich in Ruhe der Fotografie widmen und sogar die eine oder andere entspannte Runde mit der Drohne fliegen.

Die Ruhe an diesem Ort könnte man auch als Ruhe vor dem Sturm ansehen, denn unser nächstes Ziel sollte das genaue Gegenteil sein.

Nach kurzer Fahrt erreichten wir den vollkommen überfüllten und natürlich kostenpflichtigen Parkplatz am Fjaðrárgljúfur. Diese rund 2 Millionen Jahre alte Flussschlucht erreichte den Höhepunkt ihres Schaffens im Jahr 2016, als Justin Bieber auf einer der Klippen wagemutig sein Musikvideo drehte.

Wir Normalos kamen natürlich nicht bis auf die Klippen vor, aber auch von außerhalb gab es einige schöne Perspektiven und Tiefblicke in die Schlucht. Bei bedecktem Wetter wirkt die Szenerie dort echt mystisch oder wie man neudeutsch sagt: moody. Wir würden den Ort aber das nächste Mal definitiv zum Sonnenaufgang ansteuern. Ab dem späteren Vormittag hat es dort einfach zu viele Leute, um die Landschaft richtig genießen zu können.


Anfahrt zur Hjörleifshöfði Cave

Nach einem kurzen Päuschen im Auto ging es dann weiter. Wir waren uns einig, dass es erstmal ein Ort mit weniger Menschen sein sollte. Claudia hatte wie immer für alles eine Lösung und schlug die Hjörleifshöfði Cave kurz vor dem größeren Ort Vik vor. Diese Höhle liegt etwas abseits der Ringstraße in einem 220 Meter hohen Bergmassiv, welches früher eine Insel im offenen Meer war und nun etwas verloren im schwarzen Sand liegt.


Die Höhle war beeindruckend zu sehen, für mich jedoch kein fotografisches Highlight. Die Kontraste zwischen dem dunklen Gestein und dem hellen Tageslicht außerhalb der Höhle waren für mich nicht zufriedenstellend aufzulösen. So blieb es bei dem einen Bild.

Outtakes 2.0

Fotografisch wesentlich spannender empfand ich die Szenerie vor der Höhle. Zum einen faszinierte mich die Klippen des Berges und zum anderen der ewig weite schwarze Sandstrand, in dem immer wieder einzelne interessante Strukturen zu finden waren. Aber seht selbst.


Insgesamt haben wir uns an diesem Ort etwa anderthalb Stunden Zeit gelassen. Zeit zum Ankommen, Zeit zum Spüren des Ortes. Zeit zur Entfaltung von Kreativität. Etwas entfernt hat man das Meeresrauschen gehört und gesehen. Gern wäre ich da noch hingegangen. Aber wer weiß, wie weit ich tatsächlich hätte laufen müssen? Die Distanzen auf Island können gewaltig täuschen.


Auf unserem Weg Richtung Westen erreichten wir schon bald die Ortschaft Vik, eine der größeren Städte im Süden der Insel. Zeit zum Auftanken und kurzem Einkauf zur Absicherung des persönlichen Grundbedarfes an Zucker und Kalorien.

Neben leckeren Konsumgütern gibt es in Vik auch eine schöne Kirche, die erhaben über dem Ort thront. Selbstverständlich nahmen wir sie als Fotomotiv mit. Die Kirche liegt wunderschön eingebettet zwischen Bergen und Meer. Direkt im Blickfeld der Kirche stehen die beeindruckenden Meeresfelsen des Reynisfjara.

Nach unserem kleinen Zwischenstopp in Vik ging es noch immer weiter Richtung Westen. Wir steuerten mit dem Sólheimajökull den ersten Gletscher unserer Reise an. Der Sólheimajökull besitzt eine weit nach Süden ausgreifende Gletscherzunge, die in einem Schmelzwassersee mündet. Um dorthin zu kommen, muss man von der Ringstraße abbiegen und etwa fünf Minuten bis zu einem kostenpflichtigen Parkplatz fahren, von dem aus losgewandert werden kann.

Gut ausgebaute Straße zum Sólheimajökull

Man kann dort oberhalb des Gletschersees bis zur Gletscherzunge vorwandern oder aber über Schotter zum Gletschersee hinunterrutschen. Ich hatte mich für die zweite Variante entschieden. Unten am Gletschersee angekommen, war ich von den Eisbergen fasziniert. Ich habe in meinem Leben schon viele alpine Gletscher sehen können, aber noch nie solche Eisberge auf vorgelagerten Gletscherseen. Diese Eisberge verfallen durch Wetter und Erosion langsam zu kleinen Eisklumpen, die am Ufer des Sees liegen und interessante Fotomotive darstellen.

An jenem Tag hatten wir auch ziemliches Glück mit dem Wetter. Ein Sonne-Wolken-Mix erzeugte immer wieder schöne Lichtstimmungen innerhalb der umrahmenden Berglandschaft.

Insgesamt ist das Areal um den Gletschersee schon ziemlich weitläufig und sicher hätten wir dort auch problemlos bis zum Sonnenuntergang verweilen können. Aber es stand mit dem Seljalandsfoss noch ein Programmpunkt auf der Tagesordnung, den wir besser nicht verpassen sollten. Um zügig wieder loszukommen, hat Marie das erste Mal ihre Gruppenpfeife nutzen müssen. Ich hatte erst beim dritten Pfiff gehört. Das musste noch besser werden.


Wie bereits genannt, war unser abschließendes Tagesziel ein Foss, also ein Wasserfall. Der Seljalandsfoss ist definitiv einer der prominentesten der Insel, was wir auch beim gewaltigen Besucheraufkommen und dem sehr touristisch erschlossenen Parkplatz gemerkt haben. Von Plüsch-Puffins bis hin zu leckeren Waffeln hätten wir dort alles bekommen und unsere Konten mal richtig plündern können. Bequem ging es vom Auto über einen gut erschlossenen Wanderweg zu dem Wasserfall. Wir hatten uns pflichtbewusst Regensachen angezogen, weil wir den Adventure-Weg (eigene Wortkreation by noahnaturephoto) gehen wollten. Der Weg führte hinter den Seljalandsfoss über recht rutschiges Terrain. Mit Gummistiefeln musste jeder Schritt wohlüberlegt sein. Aber der Ausblick hat sich echt gelohnt, auch wenn es kein Kalenderbild geworden ist.

Die eine Sekunde für ein Bild genutzt, als wirklich keine Menschen vor der Linse standen.

Tipp: Wenn ihr die Parkgebühren einmal bezahlt habt, nehmt unbedingt eine etwa 10-minütge Wanderung auf euch und wandert zum Gljúfrabúi. Man geht in einem Bach durch einen engen Felsspalt und steht schließlich in einem Felskessel und schaut dem Wasser beim Hinabrauschen zu. Regensachen und Gummistiefel sind Pflicht. Man ist von Gischt umgeben und in kürzester Zeit von allen Seiten nass. Die fotografischen Bedingungen sind dort aufgrund der Dunkelheit und der Nässe sehr schwierig, aber als Erlebnis sollte man das unbedingt mitnehmen.

Den Ort haben nur Claudia und ich besucht. Ein besonderer Dank gebührt Flo, der auf die restliche Fotoausrüstung außerhalb der Felsschlucht aufgepasst hat, während es in Strömen regnete.


Vollkommen durchnässt ging es für uns drei dann zunächst zurück zum Auto und später für die gesamte Gruppe auf den langen Heimweg Richtung Osten. Go west war für diesen Tag beendet.

Erschöpft saßen wir im Auto. Ich fuhr entspannt die Ringstraße entlang, als meine Augen eine sich komisch bewegende Wolke am Himmel entdeckten. Es war gerade die Blaue Stunde angebrochen und noch ziemlich hell. Fragend guckte ich Claudia neben mir an und wir waren uns schnell einig, dass das die erste Polarlichter unseres Lebens sind, die wir gerade sahen. Ein unbeschreibliches Gefühl der Euphorie brach im Auto aus.

Die erste Polarlichtersichtung unseres Lebens aus dem Auto heraus. Foto von Claudia Noffke

Der Euphorie folgte jedoch schnell ein Gefühl der Ernüchterung. Denn der Blick Richtung Osten verriet eine ankommende Wolkenfront, welche die ganze Nacht bleiben sollte. Polarlichter sehen und fotografieren - Fehlanzeige! Es war die Nacht mit den besten Polarlichter-Werte und die Nacht, als sie auch in Deutschland deutlich sichtbar waren.

Aber wir wussten, unsere Chance kommt noch.


Zum Abschluss dieses Bericht stelle ich euch noch ein kurzes Video mit Drohnen-Eindrücken vom Tag zur Verfügung. Viel Spaß beim Schauen.


Bis demnächst!















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